Gelege- und Kükenschutz am Großen Meer

Ein Projekt in Kooperation mit dem Landkreis Aurich

 

Ostfriesland beherbergt europaweit bedeutsame Bestände von Wiesenvögeln. Arten wie Uferschnepfe, Großer Brachvogel, Bekassine, Rotschenkel und Kiebitz sind bundesweit vom Aussterben bedroht oder in ihrem Überleben stark gefährdet. Das EU-Vogelschutzgebiet „Ostfriesische Meere“ zählt zu einem der noch bestehen-den Verbreitungsschwerpunkte für diese Arten. Ihr Bestand ist aber ohne Schutzmaßnahmen auch hier gefährdet. Der Vermehrungserfolg reicht im Durchschnitt nicht aus, um den negativen Bestandstrend zu stoppen. Insbesondere in der Brutzeit und während der Kükenauf-zucht wirken verschiedene Faktoren, die den Anteil flügge werdender Jungvögel zu stark reduzieren. Zentrale Faktoren sind dafür eine insbesondere im Juni zu geringe Nahrungsverfügbarkeit auf zu früh abtrocknenden Grün-ländern, Prädatoren (insbes. Fuchs, Wiesel) aber landwirtschaftliche Bewirtschaftung. Bei der Bestellung der Ackerflächen sind vor allem Kiebitzgelege gefährdet, bei Walzen/Schleppen und frühem Viehauftrieb die im Grünland vorhandenen Gelege sowie bei der Mahd die Küken aller Wiesenbrüter.

 

Neben den herkömmlichen Schutzmaßnahmen (Wassermangement, Agrarumweltmaßnahmen) hat sich der Küken- und Gelegeschutz nach den Erfahrungen der letzten Jahre als eine ergänzende Strategie bewährt. In Zusammenarbeit mit den Bewirtschaftern kann durch Markieren der Nester der Schlupferfolg und durch Kükenschutzmaßnahmen der Bruterfolg erheblich gesteigert werden.

Auch im Jahr 2017 wird der Gelege- und Kükenschutz im EU-Vogelschutzgebiet „Ostfriesische Meere“ auf einer Fläche von ca. 2200 ha in Trägerschaft des Landkreises Aurich fortgesetzt.

 

Der für die organisatorische Abwicklung verantwortliche Partner des Landkreises ist die Ökologische NABU-Station Ostfriesland. Für die Umsetzung des Gelege- und Kükenschutzes werden ortskundige Ornithologen  hinzugezogen.

Kooperation mit Landwirtschaft

Das Projekt zum Gelege- und Kükenschutz am Großen Meer wird seit 2004 erfolgreich in Kooperation mit der Landwirtschaft betrieben. Grundlage der erfolgreichen Kooperation ist ein vertrauensvoller Umgang miteinander
und ein regelmäßiger Austausch zwischen Kartierern und Bewirtschaftern.

 

Honorierung Gelege- und Kükenschutz
Die Projektkulisse ist im Jahr 2017 um gut 400 ha gestiegen. Seit dem Jahr 2016 haben sich gegenüber den Jahren zuvor die Förderrahmenbedingungen aufgrund von Vorgaben des Landes Niedersachsen etwas geändert. Im Grundsatz ist der Ablauf aber wie in den Vorjahren.:

1. Transaktionsprämie: Landwirte, auf deren Flächen Gelege gefunden werden oder die beim Kükenschutz mitmachen, bekommen 50 €.

2. Gelege-Prämie: Jedes von den Ornithologen dokumentierte Gelege der Wiesenbrüter, das nicht durch landwirtschaftliche Bewirtschaftung zu Schaden gekommen ist, kann mit 25 € honoriert werden. Gelegesuche erfolgt aber nur auf Flächen, auf denen Gefahr besteht.

 

3. Selbstfinde-Prämie: Gelege die z.B. bei Arbeiten auf den Feldern von Bewirtschaftern selbst entdeckt und markiert werden und deren Fundort an die Projektmitarbeiter übermittelt wurde, können nach erfolgter Überprüfung und erfolgreichem Schutz vor Schäden durch landwirtschaftliche Bearbeitung mit zusätzlichen 50€ (bislang 25 €) honoriert werden.  


4. Verzögerung Maisbestellung
Befinden sich auf einer Ackerfläche sehr viele Kiebitznester besteht auf Vorschlag der Ornithologen die Möglichkeit zur Vereinbarung einer bis zum 10. (167 €), 20. (214 €)oder 31. Mai (344 €) verzögerten Maisbestellung.

5. Lebensraumverbesserung
Folgende Möglichkeiten bestehen zum Beispiel:
- Anlage Grasstreifen im Maisacker an Grüppe: 11 €/100m2
- Frischgrasverfütterung mit Streifenhabitat: 93 €/ha
- Vorweide im Früjahr: 72 €/ha
- vorübergehende Schaffung von Blänken: 9 €/100m2

- Wasseranstau oder Zuwässerung: je nach Dauer 45-261 €/ha

4. Kükenschutzmaßnahmen: Um das Ausmähen von Wiesenvogelküken zu verhindern, besteht die Möglichkeit der Zahlung von Kükenschutzprämien für eine Verzögerung des Mahdtermins. (z.B bis 15.6.: 218 €/ha). Ist keine Mahdverzögerung möglich, besteht in Abstimmung mit der Projektleitung in Kombination mit dem Vorhandensein von Fluchtmöglichkeiten auch die Möglichkeit der Fluchthilfe für Küken sowie der Anlage von Fluchtstreifen. Auch eine langsame, von innen nach außen vorgenommene Mahd kann honoriert werden (26 €/ha, bei Fluchstreifen zzgl. 11€/ha)

Flächige Maßnahmen kommen nicht auf Flächen in Betracht, auf denen bereits über den Pachtvertrag oder Agrarumweltmaßnahmen Auflagen bei der Bewirtschaftung bestehen, die die entsprechenden Maßnahmen einschließen. Im Falle der Inanspruchnahme von Zahlungen für  Agrarumweltmaßnahmen zur Gänseförderung in den Wintermonaten können Zahlungen im Rahmen des Projektes gewährt werden.

Die Auszahlung der Prämien erfolgt nach Berechnung der Ökologischen NABU-Station Ostfriesland durch den Landkreis Aurich.

 

Wichtiger Hinweis: Landwirte, die an dem Gelege- und Kükenschutzprogramm teilnehmen, sollten in ihren Anträgen auf Agrarförderung darauf hinweisen, dass sie an einem weiteren Programm (Gelegeschutz) teilnehmen.


Projektkulisse Gelege- und Kükenschutz am Großen Meer ab dem Jahr 2017. Quelle der Hintergrundkarte: openstreetmap-Mitwirkende
Projektkulisse Gelege- und Kükenschutz am Großen Meer ab dem Jahr 2017. Quelle der Hintergrundkarte: openstreetmap-Mitwirkende

Kükenschutz durch Drohneneinsatz

Der Kükenschutz von Wiesenvögeln - in diesem Fall der Uferschnepfen - mit Hilfe einer Drohne mit Wärmebildkamera wurde im Frühjahr 2021 erfolgreich getestet. Das Video dokumentiert das dabei angewendete Vorgehen. Die Drohne konnte mit Hilfe der Förderung durch die Postcode-Lotterie, die Irma Waalkes Stiftung und finanzielle Beiträge der Landkreise Aurich und Wittmund finanziert werden.

 

 

Prädationsmanagement

Das Land Niedersachsen gibt für die Gelege- und Kükenschutzprojekte vor, dass ein Prädationsmanagement betrieben wird. Es hat sich gezeigt, dass ohne dieses ein erfolgreicher Wiesenvogelschutz nicht mehr möglich ist, weil die landschaftlichen Rahmenbedingungen heute deutlich höhere Beutegreiferpopulationen ermöglichen als das früher der Fall war. Insbesondere der Fuchs wurde als der wesentliche Beutegreifer identifiziert. Nach der Ausrottung der Tollwut, einem auch durch einen viel höheren Nährstoffversorgungsgrad der Landschaft bedingtes höheres Nahrungsangebot und durch ein landschaftliche Veränderungen erhöhtes Versteckangebot sind die Populationen stark gewachsen. Daher wird an einem Prädationsmanagementkonzept gearbeitet, das

  • eine Reduktion von Versteckmöglichkeiten in den Wiesenbrütergebieten,
  • den Einsatz von Prädations-Schutzzäunen und
  • ein gezieltes Wildtiermanagement unter Einbeziehung der Jägerschaft

vorsieht.

Förderung

Das Projekt wird gefördert aus Mitteln des Landes Niedersachsen und der Europäischen Union. Die Trägerschaft liegt beim Landkreis Aurich, der auch Eigenmittel in die Projektfinanzierung einbringt.