Weideprojekte des NABU in Ostfriesland

Monitoring und fachliche Betreuung

Der NABU betreibt in Ostfriesland vier Ganzjahresbeweidungs-Projekte. Damit trägt der NABU der Bedeutung der Weidetiere für die Ökosysteme in Ostfriesland besonders Rechnung. Ganzjahresweiden stellen eine besonders schonende Form der Naturnutzung dar, die aufgrund der vergleichsweise geringen Weidetieretichte auch als weideempfindlich geltenden Tier- und Pflanzenarten Lebensmöglichkeiten bieten.

 

In den Weidegebieten Coldam, Thedingaer Vorwerk und Uhlsmeer nimmt der Wiesenvogelschutz aber eine besondere Stellung ein. Auf den Marschböden dieser Weidegebiete hat sich dabei gezeigt, dass begleitende maschinelle Managementmaßnahmen zur Herstellung kurzrasiger Weideflächen zum Frühjahr unverzichtbar sind. Die stetige Präsenz von Weidetieren wirkt sich dabei förderlich auf den Insektenreichtum sowie auf die Bildung strukturreicher Vegetation aus. Im Weidegebiet Hessepark (Weener) bekommt die Förderung der für Ganzjahresbeweidung so typischen eigendynamischen Prozesse eine größere Bedeutung. Hier kann stärker auf maschinelle Pflegearbeiten verzichtet werden.

Die Tierbetreuung und das praktische Management der Weidegebiete erfolgt über den Landschaftspflegebetrieb des NABU-Woldenhof. Die naturschutzfachliche Betreuung und das Monitoring wurde von der Ökologischen NABU-Station Ostfriesland übernommen.

Coldam

Das Weidegebiet Coldam befindet sich westlich des gleichnamigen Leeraner Ortsteils. Der Emsdeich ist nicht weit und die kleireichen Marschböden machen immer wieder erlebbar, dass es sich um eine anhängliche Gegend handelt. 35 ha groß ist der Kompensationsflächenpool der Stadt Leer, der seit dem Jahr 2003 vom NABU für ein Ganzjahresbeweidungsprojekt mit Heckrindern und Koniks genutzt wird. Bevor die Weidetiere kamen, war das Gebiet brach gefallen. Sehr zum Schaden der Wiesenvögel, die in diesem Teil des Rheiderlandes seit je her eine Hochburg haben. Rohrglanzgras, Schilf und Flatterbinsen hatten sich ausgebreitet. Lange dauerte es, bis die Weidetiere hieraus wieder besseres Weideland machten. Die Wiesenvögel sind teilweise wieder zurückgekehrt, soweit nicht hochwüchsige Gehölzbestände ihre Lebensräume einschränken. Gehölze und andere hochwüchsige Vegetationsbestände bieten auch Beutegreifern wie dem Fuchs Schutz und machen es den Wiesenvögeln daher schwer. Uferschnepfen, Kiebitze und Rotschenkel gehören dennoch zu den steten Brutvögeln im Weidegebiet. Auch Blaukehlchen und Schilfrohrsänger sind vielerorts im Gebiet zu hören. Rohrweihen kommen regelmäßig aus dem nahe gelegenen Deichvorland der Ems herüber und während der Zugzeiten trifft man die Bekassinen mitunter zu hunderten. Typisch für das Gebiet sind die Amphibienvorkommen, die die zahlreichen künstlich angelegten Stillgewässer besiedeln. An den wenig durch Nährstoffen belasteten Gräben profitiert die Krebsschere davon, dass die Weidetiere die Ufer lichten und ein Zuwachsen mit Schilf und Rohrkolben verhindern.

Thedingaer Vorwerk

Das Weidegebiet Thedingaer Vorwerk befindet sich nördlich von Leer und nordöstlich von Nüttermoor. Es ist ca. 44 ha groß, liegt direkt hinter dem Emsdeich und gehört mit seinen überwiegenden Kleiböden ebenfalls zur Emsmarsch. Das Gebiet gehört der Stadt Leer und ist Bestandteil eines Kompensationsflächenpools. Das Beweidungsprojekt mit Heckrindern und Koniks wird auch hier vom NABU seit dem Jahr 2003 betrieben. Das Gebiet stellt ein wichtiges Brutgebiet für Uferschnepfe, Rotschenkel und Kiebitz dar. Die Wasserstände in den Weidegebieten werden jahreszeitlich so gesteuert, dass insbesondere während der Brutzeit nach Möglichkeit hohe Bodenwasserstände erreicht werden und sich flach überstaute Weideflächen bilden können. Eine große Herausforderung stellen auch hier die Gelege- und Kükenverluste durch Beutegreifer wie den Fuchs dar. Ab dem Jahr 2017 wird hier der Einsatz eines Prädations-Schutzzaunes erprobt.

Ebenfalls in den Weidegebieten brüten Wiesenpieper, Wiesenschafstelze, Feldlerche und gelegentlich das Schwarzkehlchen. In den Schilfbereichen der Gräben kommen auch Blaukehlchen, Rohrammer und Schilfrohrsänger vor. Im Bereich der Wasserflächen brüten Löffelente und Schnatterente, selten auch mal die Knäkente. Einge große Bedeutung hat das Gebiet auch für Rastvögel, wie die alljährlich in größerer Zahl feststellbaren Regenbrachvögel, Kampfläufer oder Pfeifenten. Zu den regelmäßigen Gästen im Gebiet zählen aber auch Bekassinen, Wald- und Bruchwasserläufer, Krickenten, Reiherenten, Brandgänse, Nonnengänse, Blässgänse, Silberreiher, Löffler, Steinschmätzer und Braunkehlchen.

Uhlsmeer

Das Uhsmeer liegt im Ortsteil Groß Midlum der Gemeinde Hinte nördlich von Emden in einem der für den Wiesenvogelschutz wichtigsten Teilgebiete des Vogelschutzgebietes V04 Krummhörn. Das etwa 34 ha große Weidegebiet befindet sich im Bereich eines entwässerten Flachsees (in Ostfriesland "Meere" genannt). Darauf sind die hohen Bodenwasserstände zurückzuführen, die eine Bewirtschaftung stark erschweren. Dies war in den 1990er Jahren nach Rückzugserscheinungen der Landwirtschaft Auslöser für die Irma Waalkes Stiftung, viele der im Uhlsmeer gelegenen Flächen für den Naturschutz zu erwerben. Seit dem Jahr 2001 führt der NABU dort ein Ganzjahresbeweidungsprojekt mit Heckrindern durch,  im Jahr 2011 kamen auch Koniks hinzu. Im Kern des Gebietes liegt ein nur schwer zugängliches Schilfgebiet, ansonsten prägen weite, offene Grünlandflächen das Weidegebiet. Aus Gründen es Wiesenvogelschutzes wird ein Zuwachsen der Weiden und Gräben mit Schilf aktiv verhindert. Insbesondere die Pferde haben sich dabei als wertvolle Helfer erwiesen. Die Bodenwasserstände werden über regelbare Stauvorrichtungen insbesondere während der Brutzeit von Uferschnepfen, Kiebitz und Rotschenkel hoch gehalten. In den Weideflächen brüten auch Wiesenpieper, Feldlerche und Wiesenschafstelze. Zu den Brutvögeln des Gebietes zählen auch Rohrweihe, Wasserralle, Bartmeise, Rohrschwirl, Rohrammer, Blaukehlchen und Schilfrohrsänger. Als Rastvögel lassen sich im Weidegebiet regelmäßig auch Kampfläufer, Brandgänse, Löffelenten, Krickenten und Sumpfohreulen beobachten.

Hessepark

Der Hessepark liegt nördlich der Stadt Weener auf dem Gelände der früheren Hesse-Baumschule. Das 33 ha große Gelände wird bis heute von der Baumschulgeschichte geprägt. Über 300 Gehölzarten und -sorten können im Hessepark gefunden werden. Der Reiz des Hesseparks beruht aber wesentlich auf den parkartigen Wechsel von Offenland mit Baumgruppe, Gehölzstreifen und einer in den 1990er Jahren gepflanzten Obstwiese. Eingestreut gibt es mehrere Stillgewässer, die großenteils im Zuge eines Kooperationsprojektes zwischen der Stadt Weener, dem privaten Eigentümer des Geländes und dem NABU angelegt wurden. Dieses Projekt initiierte auch die Ganzjahresbeweidung mit Koniks, um den Strukturreichtum zu erhalten und weiter zu fördern. Die Aufgabe der Pferde ist nicht nur die Beweidung der Grasländer im Park, sondern auch die Offenhaltung der an Amphibien und Libellen reichen Stillgewässer sowie die Bereicherung der Strukturvielfalt in den Gehölzbeständen. Zu diesen Aufgaben gehört auch der Verbiss der Gehölze, was aber keineswegs zu substantiellen Schäden führt. Lediglich rund 15 Gehölzarten werden in größerem Ausmaß verbissen. Durch das Hessepark-Projekt konnten weitere Natur- und Artenschutzmaßnahmen realisiert und ein Naturlehrpfad angelegt werden. Besonderheit des Parkgeländes ist, dass das Weidegebiet auf den zahlreichen Wegen von Besuchern begangen werden kann. Zur Vermeidung von Komplikationen dürfen die Pferde aber nicht gefüttert und die Wegen nicht verlassen werden.