ÖNSOF rückt illegalem Fischbesatz im geschützten Biotop zu Leibe

Mehrere hundert Goldfische auf Sprengplatz Zweiberge entnommen

 

  • Foto 1: Die HelferInnen der Ökologischen Station beim Einsatz des Zugnetzes am Biotopteich.
  • Foto 2: V.l.n.r. Ellinor Abele, Fietje Fischer und Dr. Oliver-David Finch bei der Sichtung des Fangs.
  • Foto 3: Die Mitarbeiterin im Bundesfreiwilligendienst Ellinor Abele hat einen Goldfisch geborgen. Er wurde wie die anderen Fische in belüftete Gefäße gesetzt.

 

Horsten. – Eine unliebsame Überraschung erlebten MitarbeiterInnen und Helfer der Ökologischen NABU-Station Ostfriesland (ÖNSOF) bei einer auf Bitte der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreis Wittmund erfolgten Abfischaktion in einem geschützten Biotop auf dem ehemaligen Sprengplatz Zweiberge: der zuvor auf 20-30 Tiere geschätzte Goldfischbestand entpuppte sich als ein bereits in die Vermehrung gegangener Bestand von mehr als 500 Fischen. Die von Unbekannten illegal dort eingesetzten Fische mussten entnommen werden, weil sie die auf dem Sprengplatz vorkommenden sehr seltenen Amphibienarten, aber auch Libellen und andere in Kleingewässern lebende Wasserinsekten bedrohen. Ehrenamtlich unterstützt wurde die ÖNSOF durch den Gewässerökologen Dr. Oliver-David Finch, der auch für eine fachgerechte Ausführung der Abfischung sorgte.

 

Die zahlreichen Kleingewässer auf dem ehemaligen Sprengplatz Zweiberge im Eigentum der GEW Wilhelmshaven (Wasserversorger von Wilhelmshaven) wurden seit dem Jahr 2018 durch eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen wieder für Kreuzkröten, Knoblauchkröten sowie für sechs weitere dort lebende Amphibienarten hergerichtet. Das nur rund 8 ha große Gebiet ist für Ostfriesland einzigartig und hat wegen der hochbedrohten Amphibienfauna eine überregionale Bedeutung. Ein Teil der Gewässer trocknet regelmäßig auf natürliche Weise aus und hat so einen Schutz vor in diesem Schutzgebiet unerwünschten Fischbeständen. Die nicht austrocknenden Dauergewässer, wie sie gerade von der vom Aussterben bedrohten Knoblauchkröte bevorzugt zum Ablaichen genutzt werden, sind aber besonders anfällig gegenüber Fischbesatz und die dadurch entstehenden ökologischen Schäden. „Die Fische fressen nicht nur den Laich und die vor allem die Larven der meisten heimischen Amphibien – also von Fröschen, Kröten und Molchen – sondern sie führen durch das Aufwühlen des Schlamms im Gewässer zu einer starken Wassertrübung und sie stoppen auf diese Weise das für eine gute Gewässerökologie bedeutsame Wachstum der Unterwasserpflanzen.“ erläuterte Michael Steven, Leiter der ÖNSOF.

 

„Das immer wieder vorkommende plötzliche Auftreten von Fischen in Kleingewässern hat sehr selten natürliche Gründe.“ betonte Dr. Oliver-David Finch angesichts des festgestellten Goldfischbesatzes. Vielmehr seien – wie auch in diesem Fall – meist gedankenlose, aber dennoch absichtliche Aussetzungen durch den Menschen als Ursache zu benennen. Oft wird ein aus der Kontrolle geratener Fischbestand aus dem heimischen Gartenteich in der Landschaft „entsorgt“, ohne dass die Folgen des Fischbesatzes bekannt sind. Dass dadurch unter Umständen wegen der Ausbringung invasiver, fremdländischer Arten in die Natur nicht nur ein Beitrag zur Ausrottung bedrohter heimischer Arten geleistet wird, sondern ein strafrechtlich verfolgbares Vergehen vorliegt, ist vielen Personen nicht bekannt oder es ist ihnen gleichgültig“ mutmaßt Finch. “Kleingewässer, u. a. zum Amphibienschutz, sind ohne Fische ökologisch viel wertvoller, als mit ihnen. Die meisten der so widerrechtlich ausgebrachten Fischarten sind heute leider bereits viel zu weit verbreitet und bedrohen, neben anderen Ursachen, vielfach die letzten wertvollen Amphibienvorkommen. Einzig die Erdkröte ist diesbezüglich relativ unempfindlich. Ihre Kaulquappen enthalten Bitterstoffe, die den Fischen nicht schmecken “

 

Zu Leibe rückten die MitarbeiterInnen der ÖNSOF unter Anleitung von Dr. Finch den Goldfischen mit einem langen Zugnetz. Das Zählen mussten die Gelegenheitsfischer angesichts der für ein Gewässer von rund 20 m Durchmesser enorm großen Fischmenge schnell aufgeben. Am Ende wurde ihre Zahl auf über 500 geschätzt. Ob wie erhofft tatsächlich alle Fische erwischt wurden muss sich noch zeigen. Um einen dauerhaften Schutz vor Fischbesatz zu bekommen gab Dr. Finch am Ende eine klare Empfehlung: „Das Gewässer müsste in seiner Tiefe reduziert werden, so dass es in trockenen Sommern austrocknen kann. Das macht den übrigen, in solchen Kleingewässern vorkommenden Arten nichts oder wenig, sie sind darauf eingestellt, da sie vielfach nur in bestimmten Lebensabschnitten die Gewässer aufsuchen und sich anders ausbreiten, als die stets ans Wasser gebundenen Fische“.

 

 

Hintergrund

 

Die Ökologische NABU-Station Ostfriesland (ÖNSOF) unterstützt die Unteren Naturschutzbehörden der Landkreise Aurich und Wittmund sowie der Stadt Emden bei Aufgaben der Vor-Ort-Gebietsbetreuung von Schutzgebieten. Für diese Arbeit wird der NABU Niedersachsen als Träger der Ökologischen Station durch das Land Niedersachsen gefördert. Grundlage der Förderung ist seit dem Jahr 2018 eine Kooperationsvereinbarung mit den Landkreisen bzw. der Stadt Emden sowie eine einvernehmliche Abstimmung der Arbeitspläne. Der Sitz der Ökologischen Station befindet sich in Wiegboldsbur. 

 

 

Für Rückfragen:

 

Michael Steven, Leiter der Ökologischen NABU-Station Ostfriesland, Tel.: 0172-5146633, E-Mail: Michael.Steven@NABU-Station-Ostfriesland.de

 

Meldung vom 30.09.2022