Nachtfalter-Kartierungen in ostfriesischen Mooren bringen Überraschungen

ÖNSOF: Bingo-Förderung und neue App unterstützen Ehrenamtliche

 

  • Foto 1: „Das Blaue Ordensband ist eine bundesweit vom Aussterben bedrohte Nachtfalterart, die jetzt im August erstmalig in einem ostfriesischen Hochmoor festgestellt werden konnte.“ (Bildautor: M. Steven)
  • Foto 2: „Sven Goldenstein begutachtet an einen Leuchtturm die angeflogenen Nachtfalterarten.“ (Bildautor: M. Steven)

 

Aurich. – Die Bestandserfassungen von Nachtschmetterlingen in ostfriesischen Mooren kommen voran und haben bereits einige Überraschungen gebracht: eine ganze Reihe nachgewiesener bundesweit extrem seltener Arten adeln inzwischen die Moore der Region als zuvor unbekannten besonderen Biodiversitätsschatz. Hilfe bekommen die überwiegend ehrenamtlich tätigen Entomologen aus einer von der Ökologischen NABU-Station Ostfriesland (ÖNSOF) gegründeten Arbeitsgruppe Schmetterlinge inzwischen durch von der Bingo-Umweltstiftung geförderte Ausrüstung. Auch die neue App für Smartphones „Obsidentify“ erleichtert den Schmetterlingskundlern seit diesem Jahr die Arbeit.

 

Auslöser für das Forschungsprojekt zur Nachtfalterfauna in den ostfriesischen Mooren waren vom Oldenburger Schmetterlingsexperten Carsten Heinecke im Jahr 2018 durchgeführte und von der ÖNSOF beauftragte Untersuchungen. Bereits da war erkennbar, dass die Nachtfalter-Vorkommen der Moore der Region noch so manche Überraschung bereithalten könnten. Und tatsächlich fanden die bislang insgesamt 14 einbezogenen ehrenamtlichen Insektenkundler inzwischen bereits alleine zehn Arten, die bundesweit der höchsten Gefährdungsstufe bzw. Seltenheit „vom Aussterben bedroht“ zugeordnet werden. Als besonders reich an überregional hochgradig  gefährdeten Arten haben sich bislang die Moore am Ewigen Meer, das Osteregelser Moor, das Brockzeteler Moor und das Kollrunger Moor erwiesen. „Wir sind wirklich überrascht, in so starkem Maße andernorts als extreme Seltenheiten geltende Nachtfalterarten zu finden.“ freute sich Michael Steven, Leiter der ÖNSOF. Das bedeute aber auch eine enorme Verantwortung der Region für das Überleben dieser Arten. „Wir müssen hier dringend weitere Lebensraumverbesserungen hin bekommen und mittelfristig muss das Biotopverbundsystem für die Moore gestärkt werden.“ ist der Biologe überzeugt.

 

Möglich wurden die Untersuchungen der Insektenkundler durch eine der ÖNSOF von der Bingo-Umweltstiftung gewährte Förderung. Die ermöglichte die Beschaffung professioneller Ausrüstung für die in mehreren Teams tätigen Entomologen für die Leuchtnächte: dabei werden in milden, windarmen Nächten spezielle Leuchten mit kurzwelligem Licht in so genannten Leuchttürmen zum Einsatz gebracht, um dadurch die nachtaktiven Schmetterlinge anzulocken. An diesen können dann die Arten bestimmt oder für die spätere Bestimmung fotografiert werden.

 

Eine enorme Erleichterung für die Bestimmungsarbeit anhand der zahlreichen Fotos brachte in diesem Jahr eine Entdeckung des in der Arbeitsgruppe seit 2022 mitwirkenden Aurichers Stefan Goldenstein: er wurde auf die neue App für Smartphones „Obsidentify“ aufmerksam, die innerhalb von Sekunden ein Bestimmungsergebnis für fotografierte Schmetterlinge und auch andere Insekten liefert. Die zuvor oft tagelange Nachbereitung von Leuchtnächten gehört seitdem der Vergangenheit an. Und die immer bestehenden Unsicherheiten bei der Artdiagnose wurden deutlich verringert. „Das erleichtert auch Neueinsteigern wie mir die Mitwirkung an den Untersuchungen und es macht dadurch auch noch mal deutlich mehr Spaß.“ freute sich Stefan Goldenstein über die Entdeckung.

 

Die Schmetterlings-Arbeitsgruppe versteht sich nicht als geschlossener Zirkel, sondern ist offen für an einer Mitwirkung interessierte NaturfreundInnen. „Wer bei uns mit einsteigen möchte, ist herzlich willkommen.“ hebt Michael Steven hervor. Neue Interessierte könnten zum Beispiel die bereits tätigen Akteure bei Leuchtnächten begleiten und dabei erste Artkenntnisse erwerben. Interessenten können sich bei der ÖNSOF melden (info@NABU-Station-Ostfriesland, 0172-5146633).

 

Hintergrund

 


Die Organisation der Bestandserfassungen sind Bestandteil der Schutzgebietsbetreuung. Die Ökologische NABU-Station Ostfriesland (ÖNSOF) unterstützt die Unteren Naturschutzbehörden der Landkreise Aurich und Wittmund sowie der Stadt Emden bei Aufgaben der Vor-Ort-Gebietsbetreuung von Schutzgebieten mit einer Gesamtfläche von über 30.000 ha. Für diese Arbeit wird der NABU Niedersachsen als Träger der Ökologischen Station durch das Land Niedersachsen gefördert. Grundlage der Förderung ist seit dem Jahr 2018 eine Kooperationsvereinbarung mit den Landkreisen bzw. der Stadt Emden sowie eine einvernehmliche Abstimmung der Arbeitspläne. Der Sitz der Ökologischen Station befindet sich in Wiegboldsbur. 

 

 

Für Rückfragen:

 

Michael Steven, Leiter der Ökologischen NABU-Station Ostfriesland, Tel.: 0172-5146633, E-Mail: Michael.Steven@NABU-Station-Ostfriesland.de

 

Meldung vom 07.09.2022