Ökologischer Schatz in der Barger Heide bedroht

Informationsveranstaltung weist auf Besonderheiten hin und erläutert aktuell laufende Naturschutzarbeiten

Horsten. – Die Überraschung der TeilnehmerInnen über die große ökologische Bedeutung des ehemaligen Sprengplatz Zweiberge in der Barger Heide sowie die Hinweise auf mögliche künftige Probleme: Das nahmen die beiden Referenten Hinrich Frerichs (Untere Naturschutzbehörde des Landkreis Wittmund) und Michael Steven (Ökologische NABU-Station Ostfriesland) von der gut besuchten Informationsveranstaltung über die durchgeführten und noch geplanten Naturschutzarbeiten mit.

 

Rund zwanzig TeilnehmerInnen fanden den Weg in das vom örtlichen Bürgerverein zur Verfügung gestellte Bürgerhaus in Horsten. Sie ließen sich zunächst von Hinrich Frerichs über die wechselvolle Geschichte des früheren Sprengplatzes informieren, die die Grundlage für die bis heute vorhandenen ökologischen Besonderheiten legte. Insbesondere an der Grenze der Geest- zu den Hochmoorlandschaften waren in der Vergangenheit die weiten und nährstoffarmen Heidelandschaften entstanden, berichtete Hinrich Frerichs. Darin lagen zahlreiche Binnendünen, wovon noch heute Flurbezeichnungen wie „Zweiberge“ zeugen. Auf diese Landschaft gründete die frühere Barger Schäferei ihre Existenz. Nachdem das Gebiet durch den Bau des Flugplatzes im zweiten Weltkrieg stark verändert wurde, hätten die Veränderungen in der Landwirtschaft mit der Verbreitung von Kunstdünger und der gesunkenen Wirtschaftlichkeit der Schafhaltung ihr Übriges getan, um die Heide stark zurückzudrängen, so Hinrich Frerichs. Doch auch heute begegne man an einigen Stellen in der Barger bzw. Horstener Heide dem diese Landschaft kennzeichnenden Heidekraut. Der Sprengplatz Zweiberge sei einer dieser Standorte. „Von der Heide und den offenen Sandflächen wäre aber ohne die nach dem Krieg erfolgte Sprengung von Kampfmitteln auf dem Sprengplatzgelände wohl nichts mehr vorhanden.“ vermutet Hinrich Frerichs. Die aus Trinkwasserschutzgründen erforderliche Beseitigung der Sprengstoffspuren im Boden habe die offenen Sand- und Heideflächen neu entstehen lassen und sie legten die Grundlage für das heute mit zahlreichen Kleingewässern verzahnte Erscheinungsbild.

 

Dass es sich bei dem Gelände um ein aus Naturschutzsicht überaus erhaltenswertes Gelände handelt, machte Michael Steven, Leiter der Ökologischen NABU-Station Ostfriesland (ÖNSOF) im zweiten Beitrag des Abends deutlich. Einige Arten wie die Knoblauchkröte oder ein Rostbinde heißender Tagschmetterling gehören zu den letzten Vorkommen in Ostfriesland. Doch die diese Besonderheiten begründenden Lebensräume hätten sich in den letzten Jahren als vom Verschwinden bedroht gezeigt: „Das Gelände drohte vollständig zu bewalden, die Gewässer verschlammten durch den Laubeintrag und aggressive Neueinwanderer in der Flora – sogenannte invasive Neophyten – verdrängen heimische Arten.“ so Michael Steven. Die Dürre der letzten beiden Jahre habe zudem ökologische Fallen zu Tage gebracht, die sich in den Kleingewässern befanden: Der unebene Gewässerboden mit zahlreichen trichterförmigen Vertiefungen führte dazu, dass sich Amphibien- und Libellenlarven nicht mit dem Absinken der Wasserstände in die jeweils verbliebenen tieferen Gewässerteile retten konnten, um ihre Metamorphose abzuschließen. In 2018 habe die ÖNSOF daher mehrere Umsiedlungsaktionen durchgeführt. Die Kenntnis um die Probleme des Biotopkomplexes auf dem Sprengplatz Zweiberge mündete in ein mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmtes Pflege- und Entwicklungskonzept. Dies werde seit Beginn des Jahres sukzessive Dank der Finanzierungsmöglichkeit über das vom NLWKN betriebene LIFE-Projekt „Atlantische Sandlandschaften“ umgesetzt. So berichtete Michael Steven von Maßnahmen zur Beseitigung von Gehölzen aus dem Januar, die bei einigen Ortskundigen in Unkenntnis der Hintergründe noch für Kopfschütteln sorgten. Angesichts der nun vermittelten Informationen zeigten sich aber alle TeilnehmerInnen der Informationsveranstaltung überzeugt bis begeistert von den durchgeführten Maßnahmen. Aktuell gehören dazu auch noch laufende Erdarbeiten. Sie sollen dafür sorgen, dass der Schlamm aus den wegen ihrer Nährstoffarmut so besonderen Gewässern entnommen wird und dass ökologische Fallen entschärft werden. Auch die Sorge der TeilnehmerInnen, dass das Gelände ja bald wieder von wiederaustreibenden Gehölzen zuwachsen könnte, konnte der Biologe nehmen. Denn die ÖNSOF hat in Abstimmung mit dem Betreiber des Wasserwerks Kleinhorsten und Eigentümer des Sprengplatzgeländes, der GEW Wilhelmshaven, eine Pflegebeweidung mit Ziegen und später Schafen in Vorbereitung. Der dafür erforderliche Bau eines Zauns werde aber nicht die zahlreichen Besucher des Geländes – vielfach Spaziergänger aus Horsten –ausschließen, so Michael Steven. „Durch selbstschließende Tore können künftig auch in der Zeit der Beweidung Spaziergänger den Sprengplatz queren.“ ist Steven überzeugt. Schließlich sei noch vorgesehen, vor Ort eine Informationstafel aufzustellen, die über die Maßnahmen informiert. „Wir hoffen, dass damit auch potentielle Vandalen den Sinn des Zauns nachvollziehen können und von Zerstörungen absehen.“

 

 

Die  ÖNSOF unterstützt die Unteren Naturschutzbehörden der Landkreise Aurich und Wittmund sowie der Stadt Emden bei Aufgaben der Vor-Ort-Gebietsbetreuung von Schutzgebieten und für den Schutz bedrohter Arten. Für diese Arbeit wird der NABU Niedersachsen als Träger der Ökologischen Station durch das Land Niedersachsen gefördert. Grundlage der Förderung ist seit dem Jahr 2018 eine Kooperationsvereinbarung mit den Landkreisen bzw. der Stadt Emden sowie eine einvernehmliche Abstimmung der jährlichen Arbeitspläne.

 

 

Für Rückfragen:

 

Michael Steven, Leiter der Ökologischen NABU-Station Ostfriesland, Tel.: 0172-5146633, E-Mail: Michael.Steven@NABU-Station-Ostfriesland.de

 

 

 

Meldung vom 30.09.2019